Sanitätergeschichten

Sonntag, 29. Oktober 2006

Kendo-Tunier

Sehr interressanter Sandienst mal wieder gestern. Unser Sandienst-Koordianator weiß ja, dass ich bei dem Wort "Sandienst beim Kampfsporttunier" meist direkt Zusage. Irgendwie stehe cih gerade bei Judo mit Fingern an der Diesnthose kratzend am Mattenrand und will mitmachen. Auch mir neue Kampfsportarten machen mich neugierig und ich sage den Dienst zu.

So war das dann gestern auch beim Kendo-Bundestunier. Die Kinder und Jugendlichen im Alter von 7-16 Jahren waren mit ihrer traditionellen Kleidung, den Bamusstöcken und ihrem Kampfgeschrei schon ziemlich beeindruckend. Wir Sanis brauchten alle erst mal einen Moment um einschätzen zu können, wo die Unfallgefahren liegen, mit was für Verletzungen wir rechenen können.

Die Schiedrichter waren alle sehr freundlich und offen für unsere Fragen. 30 Minuten gab mir einer eine kleine Einweisung über die Punktevergabe, die Regeln und die Herkunft des Kendos. Mit "Schwertweg" übersetzte er mir das Wort Kendo und erzählte mir ein wenig über die Philosophie.

Verletzungen gab es übrigens fast keine, nur ein paar blaue Flecken.

Im November betreuen wir ein "Kiyu"-tunier. Mal schaun, was ich da zu sehen bekomme.

Donnerstag, 12. Oktober 2006

Mim-Erklärungsversuch

"Beschwer dich mal nicht, über Mimen, die nicht richtig gut mimen, du liegst ja auf der Trage mit dem Handy in der Hand"
Wieviele Doppelgänger habe ich eigentlich? "Nein, das war ich nicht"
"Hattest du keinen grünen Pulli und einen Verband am Arm?"
"Ich hatte gar keinen Verband und einen blauen Kaputzenpulli an."
"Ich hätte meinen Arsch verwetten können, das DU das warst! Hatte mich ja gewundert, dass du dich mit deiner Verletzung überhaupt hast hinlegen lassen."
"Na prima, ohne Arsch schauste bestimmt witzig aus."

Nein nein, wenn ich mime, dann mime ich richtig, dann verwirre ich meine Mimtruppleiter, Kollegen und anderes Personal mit überzeugenden Atemwegsgeräuschen. Und ich halte mir garantiert kein Handy ans Ohr. Und ich lasse mich mit einem "beginnenden Lungenödem - nach Rauchgasintox" bestimmt nicht hinlegen. Leider habe ich nicht so blutig ausgeschaut, dass ich ins TV komme. Aber immerhin haben mehrere Leute an mich gedacht und mich im TV zumindest gedanklich gesehen. Das ist doch schon mal was.

Sonntag, 8. Oktober 2006

ICE-Schulwaldtunnel-Übung Linksammlung

Diesen Eintrag werde ich die Tage wohl immer mehr erweitern und alles Sammeln, was die Bilder, Videos, etc betrifft. Also immer mal wieder reinschauen. Lohnt sich bestimmt für Interne oder allgemein Interessierte

Beitrag in der Hessenschau 7. Oktober 19:30 Uhr

/edit 9.10.06
Uli von der JUH hat prima Arbeit geleistet. Alle Berichte, Fotos und Filme finden bereits Platz auf der RUD-Seite (Realistische-Unfalldarstellung)
Viel Spaß beim Durchsichten und nicht erschrecken: Es ist alles nur geschminkt!

Samstag, 7. Oktober 2006

Liebe Bürger von...

Wiesbaden Breckenheim, Medenbach, und anderen Vororten. Es ist nichts schlimmes passiert heute Nacht. So viele Rettungswagen, Feuerwehrautos und ähnliches Gebrumm mit viel Krach war nur unterwegs, weil im ICE-Tunnel ein Schadensfall geübt wurde. (Entgleister ICE)

20:30 Treffen auf der Rettungswache
21:00 Treffen auf der Feuerwache 1 --> Schminken von 46 Mimen
vom umgeknickten Knöchel, über Nasenbeinfrakturen bis hin zum offenen Bauch mit Darmaustritt war alles vorhanden.
Ich habe mal wieder einen Rauchgasintox gespielt mit beginnendem Lungenödem. (Hurra)
23:30 Transport zum Bahnhof (Die Armen Passanten, was haben die da nur gedacht von einen riesigen Haufen Verletzter)
Lunch im ICe und Fahrt zum Tunnel bei Breckenheim
0:40 Alarmierung und Übungsbeginn
Ende weiß ich gerade nicht, so knapp 2,5 h später
Anschließend verfrühtes "Frühstück" für alle Helfer in Breckenheim in der Turnhalle.

Fotos kommen noch
und am 19.10.06 gibt es abends in HR3 eine Reportage aus 3 Blickwinkeln über diese Übung.
Und nun ab in die Heija

/edit: Zeitungsartikel vorher

Samstag, 30. September 2006

7 Tage 7 Tische

Nette Idee, nettes neues Fest in Wiesbaden

ABER
Sandienst bei Pißwetter is scheiße, und Leben retten bei Wolkenbrüchen is noch beschissener. Legt man den Pat. in die stabilie Seitenlage liegt er im Regen, macht man die Tasche auf, regnet es rein. (So kann isch net abbeiden) Wie gut das die Kollegen so schnell da waren.

Und würde Marcel Reich-Ranicki nicht so laut ins Mikro husten, würden mir nun nicht so doll die Ohren wehtun.

Donnerstag, 28. September 2006

Höhen-Utopie

Ha! Der Maschinist, der mir vor zwei Wochen beim Tag der offenen Tür in Heftrich die Drehleiter erklärte schickte mir nun ein Angebot.

Ich hätte aber noch ein Schmankerl, wenn Du Dich fit fühlst... Mit dem Aufzug in das 14.OG von dort aus über ein geschlossenes Treppenhaus in das 15.OG und dann raus auf das Dach (Brüstungshöhe ca.1,50m - also nichts zum Fallen!) mit Blick über Mainz und Wiesbaden, bei guter Sicht in den Taunus und nach Frankfurt. Wäre das auch noch was für Deinen Therapieplan???

LG



Witzbold. Der Gedanke scheitert wohl schon beim Aufzugfahren...... Aber nett finde ich es auf alle Fälle. Ich erinnere mich da ungerne an Frankreich / Paris vor 10 Jahren. Alle fuhren mit einem Aufzug auf das höchste Hochhaus von Paris um die Aussicht zu genießen. Ich stand unten und wartete. Nun gut ich hatte mich gerade von meinem Freund getrennt und war eh mit anderen Gedanken beschäftigt.

Samstag, 23. September 2006

Noch höher

Höher, weiter, Ynnette traut sich!
P. nutzte die Gelegenheit nach einer LNA-Übung und organisierte einen Maschinisten, der die kleine Drehleiter bedienen konnte.
20 Meter mit der Drehleiter nach oben!
Der Feuerwehrmann war superlieb und betreute mich prima. Er fuhr ganz langsam.

Auf seinem Display konnte er mir die jeweilige Höhe angeben.
7,5 Meter kamen mir schon Schweinehoch vor. Die 16 Meter letzte Woche im Turm waren wesentlich weniger.
Also noch höher. Einen Fixpunkt suchte ich mir in der Ferne , da die naheliegenden Gebäude schnell unter mir lagen. Bei 14 Metern erneuter Haltepunkt. bei 20 war mein Maximum erreicht. Der Korb stand nicht mehr über dem Auto, sondern schräg vorne und mein Sicherheitvertrauen schwand pro steigendem Zentimeter.

Für Heute genug! Und wir fuhren wieder runter.
Der Feuerwehrmann schwenkte den Korb nach recht, ich sah auf die Drehleiter, die sich natürlich bewegte. Ich sortierte die Bewegung aber unter "Kippen" ein und schrie kurz auf. Die Knie zitterten ja sowieso. Von unten knipsen ein paar Fotos, und zeigten mir den Daumen.

Anschließend kamen auch noch ein paar anderen dran. Sie erreichten Höhen von 30 - 17 Metern. Ich kann also stolz auf mich sein.
Und das Angebot in Idstein mag ich auch annehmen. Dann wollen wir am Turm entlang hochfahren. da hat man einen besseren Fixpunkt für die Augen.

Freitag, 22. September 2006

Höhenrettungsübung


16 Meter. 4. Stockwerke im Treppenhaus des Übungsturmes auf der Feuerwache. Ich bin sooo stolz auf mich. Ein Exfreund sagte mal zu mir: „Ynnette, du hast Angst vor der Welt.“
Dieser Satz spornt mich manchmal an. Sicherlich habe ich einige Ängste, aber ich möchte eine Angst nicht so groß werden lassen, dass sie mein Leben beeinträchtigt.

Sicherlich beeinträchtigt es mein Leben nicht, wenn ich mich nicht von Fassaden, Mauervorsprüngen oder Felsen abseile. Aber die Überwindung einer Angst und das Gefühl etwas zu schaffen, was man sich selbst zuvor nicht zugetraut hat ist ein wahnsinniges, befriedigendes, Adrenalin gebendes Gefühl.

5 Mädels und ein Ausgebildeter Höhenretter (P.) waren wir also am Samstag. Alle von der Realistischen Unfalldarstellung der JUH. Angesetztes Übungsthema : „Höhenrettung“, um bei kommenden Übungen auch dieses Repertoire anbieten zu können.

Die 4 Mädels hatten teilweise schon Erfahrung im Abseilen, teilweise nicht, aber keine hatte Höhenangst.
Der Turm auf der Feuerwehr ist sieben Stockwerke hoch. Im zweiten wollte die Gruppe beginnen. Zur Sicherung der Seile ging es aber bis in den Fünften hoch. Die Anderen voraus, tapste ich langsam hinterher. Wer keine Höhenangst hat, kann sich die Veränderte Wahrnehmung kaum vorstellen.

Selbst bis zum Schluss lief ich leicht torkelnd um die Brüstung des Treppenhauses herum, immer nach einem Fixpunkt und Haltpunkt suchend.

Ich hatte meine Angst vorher signalisiert und alle nahmen Rücksicht auf mich. Also zuerst die anderen, dann mal weitersehen. Mit zwei Seilen doppelt gesichert, das Klettergeschirr gut angepasst seilte sich so jedes Mädel aus dem zweiten Stock.
Mein Puls stieg, der Atmen ging schneller, ein Zwicken in der Bauchgegend. Gleich also ich. Ich entschied mich für den ersten Stock zum Einstieg. P. Fragte mich kurz zuvor, was ich am liebsten Essen würde. Die Frage schien aus einer anderen Welt zu kommen. Es dauerte bis ich antwortete. Mein Kopf begann bereits komplett abzuschalten. Psychologisch spricht man hier auch von einem Tunnelblick. Ich suchte Schutz in dem Gedanken zur Not könne ich auch springen. (Was natürlich durch die Sicherung nicht gegangen wäre, aber der Gedanke war gut.)

So kletterte ich wie die Anderen über die Brüstung. Hielt mich fest. P. Straffte das Sicherungseil, gab mir so das Gefühl des Haltens. Mein Seil mit dem Achter zum Abseilen hielt ich viel zu nah am Körper. Der Gedanke, den Arm weit von mir gestreckt zu lassen war befremdlich. Doch ich vertraute den Stimmen, hockte mich ins Leere , spürte die Gurte und lies das Geländer los. Die anderen lobten und klatschten. Ein geiles Gefühl! Ich selbst übernahm die Kontrolle meines Abseilens und fasste Mut. Am Boden angekommen wollte ich direkt weiter machen. Nun vom zweiten.

Auch hier klappte es prima. Kurz stockte ich, wollte einmal bewusst runterschauen. Es war hoch, aber ich hatte keine Angst. Immer lief jemand mit, stupste einen ein wenig. Das Adrenalin betäubte, schnürte den Tunnelblick zusammen und ich fand Spaß an der Aktion.

Wieder Boden unter den Füßen bekam ich eine Urkunde versprochen. Geschirr anlassen, weiter hoch. Bis zum 6. wollten die anderen. Der Gedanke war mehr als Mulmig. Ich bat selbst ertasten zu könne, wie hoch ich die Treppen hochkommen würde. Mit ein wenig gutem Zuspruch und einer schiebenden Hand stand ich mit einmal im 4. Stockwerk. Der Blick nach unten war lang. Sehr lang, aber ich wollte es probieren.
Das Adrenalin half ich stieg erneut über die Brüstung. Dann kam das erste Mal der bewußte Blick zu dem Klettergeschirr, zu den 11mm Seilen, den Karabinern, zu P. Und zur Höhe. Nein! Runterschauen ging ab hier nicht mehr. Ich fixierte P. Der gut auf mich zu sprach, fixierte dann das Geländer. Sog noch mal alle Gurte nach, die Halt zumindest subjektiv versprachen.
Im zweiten hatte ich bewußt nach unten geschaut, um die Höhe auf mich wirken zu lassen. Hier bei 16 Metern wäre das keine gute Idee gewesen. Ich schaltete den Kopf aus, vertraute mich dem Seil und P. an und lies das Geländer los. Jubbel von der Seite. Ein aufkeimendes positives Gefühl in mir. Bewußt lockere ich meine Hände und Beine, versuche die Anspannung zu lösen. ´Die linke Hand an das Gutzeug, die rechte mit dem Ablaßseil eine Armlänge weggestreckt. Mir dem 8ter lasse ich mich ab. Das Seil beginnt mich zu drehen, was sich zunächst unangenehm anfühlt. Noch eine wirkende Bewegung, zudem ich sie nicht steuern kann. Doch auch das geht irgendwann.

Stück für Stück lasse ich mich runter und es ist sooooo geil. Wieder festen Boden unter den Füßen, zittern meine Beine und ich sehe und höre die Grundlehrgangsfeuerwehrleute, die klatschen und mich beglückwünschen. Ein Hortvater, der ebenfalls anwesend ist hilft mir die Karabiner zu lösen. Der 8er ist heiß und meine Finger gehören noch nicht mir. Meine Artikulationsfähigkeit schon gar nicht. Das Grinsen läuft mir um den Kopf. Lobende Rufe 16 Meter über mir. Diese genießend steige ich wieder hoch. Der Schweinehund sitzt kleinlaut in der Ecke und ist still. Für diesen Tag habe ich ihn besiegt. Was für ein Gefühl!

Weitere Bilder

Dienstag, 11. April 2006

Englischsprachige Patientin

Viele Schichten fuhr ich als ehrenamtliche Dritte in Wiesbaden-Erbenheim. Die Wache der östlichen Vororte, oder wie mein Bruder es eine Zeitlang als Rückenschild trug: "Eastern-Suburb-Rescue". Dem Einzugsgebiet angeschlossen ist die nahe gelegene Airbase der Amerikaner. Meine Sprach- und Sprachkenntnisse bezeichne ich eigentlich als unterstes Sprachniveau, doch meinen Kollegen schien es zum damaligen Zeitpunkt nicht besser zu gehen.
"Sturz auf der Airbase, mit Sondersignal, Sie werden am Eingang abgeholt." Auf der Anfahrt blätterte ich eingerahmt zwischen meine Kollegen im roten Notfalltaschenbüchlein. Auf der hintersten Seite waren ein paar Sätze in verschiedenen Sprachen übersetzt. Ich las sie laut vor, während das Martinshorn uns den Weg freiblies. Spontan entschlossen meine Kollegen, das meine Sprachkenntnisse nun ausreichen würden, um den Kontakt zum Patienten zu erschließen. Na super!
Vor den Toren des Hochsicherheitstraktes "Amerikanischer Flughafen" wurden wir mit Blaulicht abgeholt und zum Unfallort geleitet. Schon eine merkwürdige Situation, so ganz umzingelt von Soldaten. Wer unbefugt das Gelände betritt, wird nicht erst groß verwarnt, wenn scharf geschossen wird.Wie Michael Mittermaier es so schön ausdrückt , erscheinen die amerikanischen Soldaten nicht in zartklingender geflöteter "Poolizzzeeiiiii"-Manier, sondern im Hart-männlich geraunten "COP"

Doch hier waren die Kollegen der Verunfallten einfach nur ratlos und baten um unsere Hilfe. Eine Soldatin war von einem großen LKW rückwärts nach hinten gefallen und hart auf dem Rücken gelandet. Es war mir peinlich, aber mir fiel nichts besseres ein und so fragte ich sie mit deutschem ungeschulten Akzent "Where do you feel pain?" Sie hatte "Pain", nämlich im Rücken und machte sich ziemliche Sorgen. Die Fragen standen wohl in den Taschenbüchlein, nicht aber die Übersetzung der Antworten. Es war mir damals sehr unangenehm mir meine sprachlichen Unzulänglichkeiten eingestehen zu müssen und nicht stärker auf ihre Sorgen eingehen zu können . Ausfälle schien sie nicht zu haben, dennoch klagte sie über Schmerzen, die einer medizinischen Abklärungen bedurften. Und so packten wir das "Schaufeltratzen"-Programm aus (Schaufeltrage + Vakuummatraze) und brachten sie ins Krankenhaus.

Das war mein erster Einsatz auf der Airbase. In den folgenden Jahren nahm ich an 2 sehr interessanten Übungen teil. Einmal als Mime, ein andermal als Sani.. Sowohl deutsche als auch amerikanische Sanitäter arbeiteten zusammen, auch die Mimen (Verletztendarsteller) waren aus beiden Nationalitäten. Und das Abschlußessen war besonders Erinnerungswürdig. Bei "unseren" Übungen folgt meist Erbsensuppe. Dort gab es aber gegrillte Sparerips und Hamburger!

Samstag, 8. April 2006

Meine erste Geburt

Eine Geburt war, ist und bleibt wohl immer irgendwie etwas besonderes. Im Rettungsdienst wird sie - oder wurde zumindest zu meinen Zeiten - mit gemischten Gefühlen betrachtet. Einerseits weiß der Rettungsdienstler, dass der Einsatz nicht durch eine Krankheit oder ein Unfall herrührt. Also etwas natürliches ist, was seit Jahrtausend von Jahren mit und ohne Hilfe von statten geht. Im Ausbildungsplan ist das Thema Schwangerschaft, Geburt und Komplikationen aufgeführt, aber Routine bekommt man ausserhalb des Krankenhauses wohl nicht.

Das Material aus dem Babynotfallkoffer kannte ich als eine 3te Person auf dem Rettungswagen vom Checken vor Schichtbeginn so einigermaßen. Nabelklemme, Tupfer, Vorlagen, etc sind von der Theorie her schon ein Begriff. Doch der Einblick in die intimisten Stellen eine Frau, bei einer Geburt, sind ungewohnt und mit Angst behafftet. Ich war Schülerin der 10 Klasse keine Hebamme!

So war auch die Einsatzmeldung "Beginnende Geburt" bei mir immer mit gemischten Gefühlen behafftet. Dabei zu helfen eine Frau mit Wehen ins Krankenhaus zu bringen ist etwas schönes.Und doch zittert man ein wenig, ob man es auch rechtzeitig ins Ziel schafft.

Ich fuhr eine Woche in den Ferien auf der Rettungswache in Bad Schwalbach. Nur sehr selten fährt man in den Ort H. Wir dagegen fuhren in der Woche zu 3 Einsätzen nach H. H. Ist nicht direkt am Arsch der Welt, aber zumindest recht nah dran.

Beim Eintreffen in der Wohnung im dritten Stock warf ich einen kurzen Blick auf zwei schlafenden Kinder in ihren Betten. Die Mutter mit dicken Bauch hatte wohl schon mehrere Kinder zur Welt gebracht und verstand nur Bröckchenweise Deutsch. Ob das Fruchtwasser schon abgegangen wäre, fragte mein Kollege S. Ob sie die die Frage verstand weiß ich nicht, aber die schüttelte den Kopf. Hinsetzen wolle sie sich nicht mehr. Und so maß ich das einzige Mal in meiner Dienstzeit des Blutdruck eines Patienten im Stehen. Und noch während des Messens platschte die Flüssigkeit auf den Boden. Dann müßten wir uns nun ein wenig sputen, kommentierte S. und rief bei der Leitstelle an um ein Krankenhaus abzuklären. Der andere Kollege und ich sollten den Stuhl zum Transport nach oben holen. Die werdende Mutter verzog sich derweil Richtung Toilette.

Der zweite Kollege und ich gingen zügigen Schrittes durch das knarrzende Treppenhaus nach unten. Plötzlich vernahm ich ein Kinderschreien und hielt inne. "Du, M., das ist nicht das Kindergeschrei eines der schlafenden Kinder. Das klingt jünger, viel jünger." Die Augen weiteten sich bei uns, es ratterte kurz in unseren Köpfen. "Scheiße, das Baby ist da!"

M. würde einen Notarzt nachalamieren, ich solle mit dem Babynotfallkoffer nach oben düsen. Den Stuhl würden wir nun erst mal nicht brauchen.
Leicht außer Atem kam ich wieder in der 3ten Etage an und folgte den Wortfetzen meines Kollegen in der Toielette.
Die Frau hatte wohl einen Druck verspürt, diesen falsch interpretiert und instiktiv nach Murphys Gesezten den kleinesten Raum der Wohnung anvisiert. Die Gästetoilette. Dort war innerhalb von weniger als 5 Minuten das Kind gekommen und ich wußte nun, was eine Sturzgeburt war.

Das Bad war für 3 Personen zu klein. Auch ging die Tür wohl nach innen auf, sodass ich nicht sah, was drinnen vor sich ging. S gab mir Anweisungen, was sich ihm zu reichen hätte. Ich öffnete den Babynotfallkoffer, sah hinein und bereute so selten zuvor hineingeschaut zu haben. Hilflos rupfte ich abwechselnd mit der rechten und linken Hand die Gegenstände in die Höhe, auf der Suche nach dem Erforderten. Ich reichte die jeweiligen Materialien nach drinnen. Meine Handschuhe liefen mit Adrenalingetränktem Schweiß voll.Wie lange das so ging weiß ich nicht. Bei unbekannten Einsätzen bekommt man einen Tunnelblick. Registriert nur noch die wichtigen Dinge. Zeit und Dinge, die um einen her passieren werden ausgeblendet. Es schien endlos zu dauern bis M. nach dem Funkspruch wieder nach oben kam.
Irgendwann stand da der Vater und bekam den kleinen Wurm gut eingepackt in den Arm gelegt.

Die Ärztin kam und lobte unsere Arbeit. Sie müsse ja gar nichts mehr machen. Gute Arbeit. Und das galt vorrangig S. Aber auch ein kleines bisschen mir.
Ich ging mit dem Auftrag eine Nierenschale für die Nachgeburt zu holen nach unten in den Rettungswagen und erklomm wieder die Stufen nach oben.

Noch nie zuvor hatte ich eine Nachgeburt gesehn und nun lag sie vor mir auf dem Teppich. Wie ein verletztes Tier hob ich den Leberartigen Klumpen mit zu schalengeformten Händen auf und lies ihn die die Pappschale gleiten. Mit einem sterilen Tuch bedeckt brachte ich die Schale hinunter in die Rettungswagen. Dann folgten die Koffer, Sauerstoff und EKG. Auf den Weg nach oben nahmen wir endlich den Stuhl mit, bereiteten die Trage vor. M. Und S. trugen die Mutter nach unten.
Im Rettungswagen war die Mutter müde und kaputt und dämmerte vor sich hin. Einer der Kollegen reichte mir unerwartet das kleine Bündel in den Arm und ich begann zu kapieren.
Die Fahrt ins Krankenhaus war ruhig. Der Säugling und die Mutter ruhten sich aus und sammelten Kräfte und wir verstanden jetzt erst das Wunder was Geschehen war.
Nur wenige Einsätze zuvor, am gleichen Tag, hatten wir eine erfolglose Reanimation. Hier war eine neues Leben geboren worden. Der Kreislauf des Lebens war fühlbar geworden. Ein neuer Erdenbürger lag winzig und nur wenige Minuten alt in meinem Arm.


Anschließend reflektierten wir den Einsatz, sprachen über das, was passiert war. So schnell hatte es uns überrannt. Sowohl für M. und mich war es die erste Geburt. S. Hatte im Krankenhaus während der Ausbildung zum Rettungsssanitäter schon einige Geburten erlebt. Doch hier wäre es doch was anderes gewesen. Wir erinnerten und an den Stoffteddybären, der zum Trösten verletzter Kinder im Rettungswagen lag. Wir fuhren noch mal ins Krankenhaus zurück und überbrachten in der Krankenschwester. Die Mutter lag längst im tiefen Schlaf und erholte sich.

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