Sonntag, 30. Juli 2006

Pflichtbesuch

Meist tituliere ich es wirklich so, weil ich mich ehrlichgesagt selten drauf freue. doch heute war es mal interessant und Oma war relativ gut drauf. Sie erwähnte M. Tod nur einmal.....

Der Regenguss zwang mich ein wenig länger als geplant zu bleiben , doch es störte mich nicht dolle und ich lies Oma von früher erzählen. Das kann sie gut, es ist interessant was sie zu erzählen hat. Sie erzählt sehr bilderreich.
Das ist mir lieber als zu hören, wer im Bekanntenkreis mal wieder nichts aufs Klo gehen kann, wer im Sterben liegt, wielange M nun schon Tod ist, was ich alles verpasst habe, da ich kein Abitur habe, das mein Bruder noch immer keinen Doktor gemacht hat, oder wie sehr meine Mutter und Tante versagt haben.

Dabei muß ich meine Fragen geschickt stellen, damit das Erzählen von ihr auch in einer Bahn bleibt, die angenehm ist. Schnell weicht sie aus und kommt auf obengenannte Themen zu sprechen.

Als ich sie auf ihren Einsatz bei de Kinderlandverschickung anspreche löffelt sie ein wenig aufgetautes Obst, was ich mit den Resten ihres Vanilleeis vermischt habe. Es war alt das Eis und ich möchte nicht unhöflich sein. Warte also, bis das Eis sich mit dem Obstsaft vermischt hat und löffele es dann ebenfalls.

Inzwischen erzählt sie vom Arbeitsdienst. Die wollte sich woanders bewerben und wurde zur Strafe bei den "Scheinwerfermädels" eingesetzt in Mannheim. Frisch von der Uni als Ärztin und schon war sie im Norden für 500 Kinder und später für zig kranke Frauen in Mannheim verantwortlich. Dabei war sie so alt wie ich.
Bei den Frauen blieben oft die tage aus, wegen der "veränderten Lebensumstände"- (Ich frage mich nach diesen Umständen, die ja schon sehr heftig sein mussten) Dann musste sie ein Medikament 6 Wochen spritzen, und wenn die "Mädchen" Ihre Tage immer noch nicht bekamen, dann wurden sie heimgeschickt.

Einmal musste sie nach einem Flieger-Angriff zwei Tote Frauen von einer Mauer "abkratzen". "Das war schlimm!" erzählt sie und kneift dabei die Augen zu, als wolle sie die Bilder aus ihrem Kopf wegdrücken.

Den Eiscafé, den ich gemacht habe schmeckt mir nicht recht. Ich denke an die saure Milch, die ich zuvor weggeschüttet habe. Immer wieder mache ich die Erfahrung von verdorbenen Lebensmitteln im Kühlschrank und Maden in der Süßigkeitenkiste. Früher waren da immer leckere Sachen für mich drin. "Oma? Darf ich an die Schublade?" Ich durfte immer.

Heute schaue ich ab und zu mal in die Schublade im alten Nußholzregal rein, ob es was wirklich frisch gekauftes drin ist. Den Rest lasse ich lieber drin. Sie mag es nicht, wenn ich die Schublade aussortiert und die Hälfte im Müll liegt. "Ach, da ist doch noch gut." "Meinst du wirklich, das man das nicht mehr essen kann?"

Auf dem Balkon sind wir geschützt vor dem Regen. Ich genieße es draußen zu sitzen und nicht naß zu werden. "Ist dein Auto auch zu?" Schon greife ich nach dem Schlüssel und wetze runter zum Auto und mache das Dach zu.

Nun wo ich in ihrem ehemaligen Arbeitsgebiet wohne erzählt sie mir von der Arbeit auf dem Land. Eine eigenen Praxis hat sie nie besessen. Mein Opa wollte immer, dass sie sich um ihre Töchter kümmert und nur Vertretungweise, die Praxen übernimmt.

Das hat sie auch gemacht. Landärztin. "Das ist was anderes als in einem Krankenhaus. Dort hat man seine Patienten wenn es hochkommt nur 10 Wochen oder so. Auf dem Land sieht man ganze Generationen aufwachsen. Die Alten sind noch nicht weggeschickt. Die bleiben in den Familien. Man hilft jemanden und bekommt mit, was daraus wird. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich eine Praxis aufgemacht hätte. Mir hat die Arbeit immer Spaß gemacht." [ Das muß es wirklich, denn sie hat bis zum 77. Lebenjahr noch gearbeitet]
"Natürlich musste man manchmal nachts raus und hinfahren. Aber das gehört eben dazu. Heute ist das ja anders. Aber früher war das eben so. da gab es keine festen Arbeitszeiten. Und wenn ich die Uhr nochmal zurückdrehen würde. Ich würde das nochmal machen."

Dieses Pflichtbewusstsein fasziniert mich schon auf seine Art und Weise. Auch wenn ich denke, dass ein "Nein" ab und zu mal nötig ist. Doch nun begegne ich einer alten Frau, die ich immer kritischer sehe. Einerseits fasziniert von dem was sie erlebt hat. Schade, dass sie es nicht aufgeschrieben hat. Andererseits .....

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